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Digitale Heizungs­welt [4]: das Energie­management­system zu Hause

Im vierten Teil unserer sechsteiligen Reihe „Digitalisierung in der Heizungswelt“ geht es um das Home Energy Management System (HEMS).

In unserer Serie „Digitalisierung in der Heizungswelt“ informiert Dieter Kehren vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) über die digitale Vernetzung in der Heiztechnik und ihre Vorteile. Im vierten Teil schildert er, was unter einem Energiemanagementsystem zu verstehen ist und wie es in den eigenen vier Wänden funktioniert.

Im vorausgegangenen Teil unserer Serie ging es um die Frage, welche Rolle ein vernetztes Gebäude bei der Umsetzung der Energiewende spielt und welche Vorteile sich daraus für Hauseigentümer ergeben. Diese liegen auf der Hand: Das Home Energy Management System, kurz HEMS genannt, verbessert die Wirtschaftlichkeit von Heizung, Photovoltaik-Anlagen und Batteriespeichern. Es gewährt dem Nutzer volle Kostenkontrolle und schafft ein Bewusstsein für Autarkie, da alle Energieflüsse visualisiert werden. Gesteuert wird das System durch intelligente Algorithmen vollautomatisch und bietet so maximalen Bedienkomfort.

So funktioniert das Energy Management System (HEMS)

Ein Energiemanagementsystem ist das verbindende Element zwischen den einzelnen energetisch vernetzten Geräten im Gebäude. Die Kernaufgabe eines solchen Energiemanagementsystems besteht darin, die unterschiedlichen Anforderungen und Randbedingungen von Nutzern, Geräten, äußeren Einflüssen, wie beispielsweise dem Wetter, und Energienetzen zusammenzuführen. Damit dies gelingt, müssen Priorität und Flexibilität der jeweiligen Anforderungen berücksichtigt und aufeinander abgestimmt werden. Die Abläufe während dieser Abstimmung kann man sich am leichtesten anhand von konkreten Beispielen vor Augen führen. Zu Beginn gilt es zu klären, welche Anwendungsfälle durch die Produkte gemeinsam realisiert werden sollen. Wenn das klar ist, können die technischen Anforderungen für die Vernetzung der Produkte, die in der Regel von verschiedenen Herstellern oder gar aus unterschiedlichen Branchen stammen, definiert werden.

Die energetische Vernetzung im Eigenheim – ein Anwendungsbeispiel

Ein (vermeintlich) simples Beispiel stellt ein energetisches Netzwerk dar, bei dem eine Photovoltaik-Anlage, eine Wärmepumpe und ein Warmwasserspeicher über ein koordinierendes Energiemanagementsystem gesteuert werden. Zum konkreten Fall: Die Wärmepumpe soll, soweit irgend möglich, mit kostenlosem PV-Strom aus der Eigenproduktion betrieben werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass so wenig Strom wie möglich aus dem Netz bezogen werden soll. Der Vorteil: Der Kunde spart Geld und außerdem wird als Beitrag zur Energiewende das Stromnetz entlastet.

Einfach ist dieser Anwendungsfall allerdings nur auf den ersten Blick, denn viele, teils widersprüchliche Anforderungen und Randbedingungen spielen eine Rolle. Zum Beispiel: der bevorstehende Ertrag der PV-Anlage ist nicht steuerbar, kann aber anhand von Wetterprognosen vermutet werden. Wenn das Energiemanagement anhand von Wetterdaten erkennt, dass in einigen Stunden ein sonniger Zeitabschnitt bevorsteht, wird es diese Information in die Planung einbeziehen. Flexibilität ist beim Aufheizen von Warmwasserspeicher und bei der Räumen vorhanden. So kann die Erwärmung grundsätzlich vorgezogen oder verzögert werden. Aber: die Heizung erkennt zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Energiebedarf, um die Komfortbedürfnisse des Kunden optimal zu erfüllen. Weicht man davon ab, hat das Auswirkungen auf Raum- oder Wassertemperatur. Welche Auswirkungen sind noch akzeptabel, ohne dass der Kunde einen Komfortverlust empfindet? Die Antwort wird von Benutzer zu Benutzer unterschiedlich ausfallen und sich womöglich erst im Regelbetrieb herausstellen.

Stromkonkurrenten: E-Auto und Wärmepumpe

Ähnlich komplex verhält es sich bei einem Gebäude mit zwei „steuerbaren Verbrauchern“. Zukünftig wird es immer häufiger der Fall sein, dass Wärmepumpe und Elektroauto vorhanden sind. Hier liegt die Schwierigkeit darin, dass beide miteinander um die verfügbare Energie konkurrieren. Beide haben interne Regelungen, die den jeweiligen Energiebedarf feststellen: wenn der Akku des E-Autos leer ist, möchte es geladen werden. Wenn die Temperatur im Warmwasserspeicher zu niedrig ist, möchte die Heizung das Warmwasser erwärmen. Was passiert, wenn das zum gleichen Zeitpunkt der Fall ist, aber nicht genug Energie für beides zur Verfügung steht? Dann muss das Energiemanagementsystem die Flexibilität in den Anforderungen erkennen und bewerten. Wie wichtig ist das Aufladen des Akkus vom Elektroauto? Ist eine Stunde Verzögerung noch akzeptabel? Oder sogar 4 Stunden? Um zu einer Antwort zu gelangen, müssen die Prioritäten des Nutzers verstanden werden. Es wird jedoch nicht möglich sein, Antworten auf alle Eventualitäten vorab mit dem Kunden abzustimmen. Daher muss das Energiemanagementsystem mit zunehmender Komplexität der Vernetzung immer mehr zum lernenden System werden, das die Bedürfnisse des Kunden sukzessive besser versteht und automatisiert erfüllt.

Übrigens: Die beschriebenen Anwendungsfälle sind natürlich auch auf hybride Systeme anwendbar, wie zum Beispiel Gas-Brennwert plus Wärmepumpe. Allerdings ergeben sich dadurch zusätzlich noch weitere Einflussgrößen, die mit der Wärmeerzeugung aus dem Energieträger Gas zusammenhängen.

Über den Interview-Partner

Dieter Kehren ist Abteilungsleiter Forum Digitale Heizung beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und bringt sein Expertenwissen in die Projektarbeit der VdZ ein.

Nächster Beitrag:

Im fünften Teil unserer 6-teiligen Reihe gehen wir näher auf das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten des Home Energy Management Systems (HEMS) ein und erläutern, wie es mit dem Stromnetz verbunden ist und sich in das Energienetz einfügt.Im letzten Teil unserer 6-teiligen Reihe spricht unser Experte Dieter Kehren vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) über Technik, Trends – und den eigenen Beitrag zur Energiewende

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Bildnachweis: © BDH (Beitragsbild)

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