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Regenwasser ist mehr als nur Gießwasser: Eine wertvolle Ressource für Stadt und Haus

Die letzten Monate machten die Wetterextreme sichtbar: mal herrscht Wassermangel, mal drohen Überschwemmungen. Regenwasser wird plötzlich zur wertvollen Ressource. Doch wie lässt es sich von Städten und Hausbesitzern intelligent managen und nutzen?

Deutschland erlebt immer häufiger zwei extreme Wettersituationen, die sich abwechseln: auf lange Trockenphasen folgen (punktuell) massive Starkregenereignisse. Beides stellt die Wasserwirtschaft vor enorme Herausforderungen. Wo früher das Wasser über die Kanalisation schnell abgeleitet wurde, gilt heute das Prinzip: Regen möglichst vor Ort zurückhalten, speichern und nutzen.

Auch die Abwassergebührenpraxis vieler Kommunen wirkt als Anreiz: Wer Regen auf dem eigenen Grundstück zurückhält, zahlt weniger. Einige Städte fördern zudem aktiv den Bau von Zisternen, Gründächern oder Versickerungsanlagen.

Regenwasser gezielt managen

Damit ist klar: Regenwassernutzung ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch politisch gewollt. Die sogenannte Regenwasserbewirtschaftung bzw. das Regenwassermanagement verfolgt mehrere Ziele:

  • Schutz vor Überlastung der Kanalisation bei Starkregen.
  • Förderung der Grundwasserneubildung, indem Wasser in den Boden einsickern kann.
  • Entlastung von Flüssen und Bächen, die weniger schnell über die Ufer treten.
  • Verbesserung des Stadtklimas durch Verdunstungskühlung.
  • Ressourcenschonung, weil aufbereitetes Trinkwasser ersetzt wird.

Je nach Art der Fläche und dem Verschmutzungsgrad kann Niederschlagswasser versickert, verdunstet, genutzt oder behandelt werden. Dazu gibt es verschiedene Strategien. Beispielsweise erhöhen Gründächer, bepflanzte Fassaden oder Teiche die natürliche Rückgabe von Wasser an die Atmosphäre (Verdunstung). Und z. B. über Mulden, Rigolen oder Versickerungsschächte wird das Regenwasser zurück ins Grundwasser geleitet (Versickerung). Nicht zuletzt kann gespeichertes Regenwasser im Haushalt und Garten einsetzen und so wertvolles Trinkwasser ersetzen.

Damit wird deutlich: Regenwasser ist keine lästige Abfallmenge, die entsorgt werden muss, sondern eine wertvolle Ressource.

Schwammstadt: Leitbild für die Zukunft

Ein zentrales Konzept, das aus der Regenwasserbewirtschaftung hervorgegangen ist, lautet „Schwammstadt“. Die Idee: Städte sollen so gestaltet sein, dass sie Regen wie ein Schwamm aufnehmen, speichern und nach Bedarf wieder abgeben.

Das bedeutet in der Praxis: Dächer werden begrünt, Straßenflächen durchlässig gebaut, Parks und Mulden speichern Wasser, und Rückhaltebecken fangen Überschüsse ab. So entsteht ein städtisches Ökosystem, das Wasser intelligent managt – anstatt es einfach nur abzuleiten. Wie das beispielhaft in der Praxis aussehen kann, erläutert anschaulich die Regenwasseragentur Berlin.

Begrünte Fassaden sehen nicht nur hübsch aus, sie verbessern die Luft, schützen den Wohnraum vor Hitze und Kälte und sind selbst Lebensraum für zahlreiche Tiere. Foto: Bundesverband GebäudeGrün e.V.

Die Vorteile sind vielfältig:

  • Überflutungsschutz bei Starkregen.
  • Kühlung in Hitzesommern durch Verdunstung.
  • Aufwertung des Stadtbildes durch Grün- und Wasserflächen.
  • Biodiversität durch neue Lebensräume.

Hausbesitzer können hier aktiv mitwirken: Jedes Dach, jeder Garten und jede Einfahrt kann Teil dieses Schwamms werden.

Konkrete Nutzungsoptionen für Hausbesitzer

Wer Regenwasser auf dem eigenen Grundstück nutzen möchte, hat eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Manche Maßnahmen sind schnell und unkompliziert umzusetzen, andere erfordern eine sorgfältige Planung, Investitionen und in manchen Fällen sogar Genehmigungen. Entscheidend ist, dass Hausbesitzer die Besonderheiten ihres Grundstücks kennen: Dachform, Größe der Auffangflächen, Bodenbeschaffenheit und natürlich den eigenen Wasserbedarf.

Tipp: Erkundigen Sie sich vor Projektbeginn ob Fördermittel verfügbar sind und falls ja, welche Bedingungen und Anforderungen beachtet werden müssen.

Nutzungsoption 1: Dach- und Fassadengestaltung

Eine besonders wirksame Maßnahme ist das begrünte Dach. Selbst auf kleineren Garagen oder Anbauten kann eine Vegetationsschicht erstaunlich viel Wasser zurückhalten. Ein Gründach verzögert den Abfluss, speichert Regen zeitweise und gibt ihn über Verdunstung wieder an die Luft ab. Gleichzeitig verbessert es die Wärmedämmung des Hauses, senkt im Sommer die Innentemperatur und verlängert die Haltbarkeit der Dachabdichtung. Die Investition ist zwar höher als bei einer herkömmlichen Dachfläche, wird aber zunehmend auch von Kommunen gefördert.

Begrünte Dächer werten nicht nur das Gebäude, sondern ein komplettes Viertel optisch auf.
Foto: Bundesverband GebäudeGrün e.V.

Auch begrünte Fassaden tragen zur Regenwassernutzung bei. Zwar speichern sie weniger als ein Gründach, dafür erhöhen sie die Verdunstungsleistung, verbessern das Mikroklima und binden Staubpartikel. Gerade in dicht bebauten Stadtvierteln können Hausbesitzer so mit vergleichsweise kleinen Eingriffen große Wirkung erzielen.

Nutzungsoption 2: Garten und Grundstück

Am einfachsten ist der Einstieg mit klassischen Regentonnen, die unter die Fallrohre des Daches gesetzt werden. Sie fassen meist 200 bis 500 Liter und reichen, um während einer trockenen Phase Blumen und Beete zu bewässern. Wer mehr Kapazität benötigt, kann mehrere Tonnen kombinieren.

Für größere Wassermengen bieten sich unterirdische Zisternen an. Diese Kunststoff- oder Betontanks können mehrere Tausend Liter fassen und sind frostgeschützt. Ein Vorteil: Das gespeicherte Wasser steht auch nach längeren Trockenperioden noch zur Verfügung. Moderne Anlagen verfügen über Filter, die Laub und Schmutz zurückhalten, und sind mit einer Pumpe verbunden, sodass sich das Wasser bequem über den Gartenschlauch nutzen lässt.

Darüber hinaus gibt es naturnahe Lösungen: Offene Teiche, Versickerungsmulden oder kleine Feuchtbiotope sammeln Regenwasser, speichern es zeitweise und geben es langsam wieder ab. Sie bieten Lebensraum für Insekten und Vögel, tragen zur Abkühlung bei und verschönern den Garten. Allerdings erfordern sie ausreichend Platz und ein passendes Geländeprofil.

Wichtig sind zudem unversiegelte Flächen. Wer Hofeinfahrten oder Terrassen nicht komplett asphaltiert, sondern mit durchlässigem Pflaster oder Rasengittersteinen gestaltet, ermöglicht es dem Regenwasser, in den Boden einzusickern. Auf diese Weise wird das Grundwasser direkt gespeist.

Nutzungsoption 3: Nutzung zur Toilettenspülung

Rund ein Drittel des häuslichen Wasserverbrauchs entfällt auf die Toilettenspülung. Mit einer Regenwassernutzungsanlage lässt sich dieser Bedarf problemlos decken, wodurch jährlich mehrere Tausend Liter Trinkwasser eingespart werden können – abhängig von Haushaltsgröße und Nutzungshäufigkeit. Laut Umweltbundesamt bestehe hier keine Infektionsgefahr. Eine doppelte Leitungsführung ist in der Regel nicht erforderlich, da bei längeren Trockenphasen eine Nachspeisung des Regenwasserspeichers mit Trinkwasser erfolgt. Bei der Nutzung von Regenwasser für die Toilettenspülung können Abwasserentgelte anfallen.

Nutzungsoption 4: Regenwasser zum Wäsche waschen

Die Nutzung von weichem Regenwasser zum Wäschewaschen ist ökologisch von Vorteil. Laut Umweltbundesamt (UBA) kann nicht nur Trinkwasser, sondern auch rund 20 Prozent Waschpulver eingespart werden. Allerdings weist das UBA auf hygienische Bedenken hin. Diese könnten nur durch eine geeignete Aufbereitung des Wassers oder durch anschließendes Bügeln der Wäsche ausgeschlossen werden. „Insbesondere bei Personen, deren Immunsystem nicht normal ausgebildet ist – also Kleinstkinder, alte Menschen, Kranke und hier insbesondere Menschen mit einer geschwächten natürlichen Abwehr – sollte kein Risiko für die Gesundheit eingegangen werden“, rät das UBA.

Hygiene dauerhaft sicherstellen

Wichtig, mit Blick auf die Hygiene und Gesundheit, bleibt die klare Trennung: Für Trinkwasser, Körperpflege oder Lebensmittelzubereitung ist Regenwasser nicht zugelassen. Hier greifen strenge hygienische Vorschriften. Moderne Systeme sorgen durch automatische Nachspeisung von Leitungswasser dafür, dass immer genug Wasser zur Verfügung steht, ohne die beiden Systeme zu vermischen. Neben einer fachgerechten Installation sind regelmäßige Kontrollen und Wartung aller Anlagenteile, insbesondere der Filter, unverzichtbar.

Lese-Tipp: Vertiefende Infos zu den Grundlagen und Berechnungsbeispielen zur Regenwassernutzung im eigenen Heim erhalten Sie z. B. in diesem Fachzeitschriftenbeitrag.

Fazit

Regenwassernutzung ist mehr als ein Beitrag zur Gartenpflege. Sie ist Teil einer übergeordneten Strategie, die Wasser als Ressource begreift, Städte widerstandsfähiger macht und Haushalte ökonomisch entlastet.

Im Konzept der Schwammstadt wird deutlich, dass private Dächer, Gärten und Einfahrten keine Randfaktoren sind, sondern zentrale Bausteine für die Klimaanpassung. Jeder Hausbesitzer, der Regenwasser sammelt, versickern lässt oder nutzt, trägt zur Daseinsvorsorge bei – und profitiert zugleich von sinkenden Kosten und mehr Unabhängigkeit.

Ob mit einer simplen Regentonne, einem begrünten Dach oder einer ausgefeilten Haustechnikanlage: Regenwassernutzung verbindet ökologische Verantwortung mit praktischen und finanziellen Vorteilen– und wird damit zu einer Zukunftsstrategie.

Foto Header: (c) Canva

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